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Samstag, 21. Mai 2011

Fluchen gegen Schmerzen

Fluchen während des Eiswassertests erhöht die Schmerztoleranz 
Eine erstaunliche Erkenntnis gelang dem britischen Psychologen Richard Stephens von der Keele University und seinen Forscherkollegen: Kräftiges Fluchen dämpft den Schmerz. 
In seinem Experiment absolvierten 67 seiner Studenten, darunter 38 Männer und 29 Frauen, den Eiswassertest. Sie mussten also ihre Hand möglichst lange in eiskaltes Wasser halten. Der Schmerzpegel steigt bei diesem Versuch langsam an und je länger die Teilnehmer ihre Hand im Wasser behalten können, umso geringer ist ihre Empfindlichkeit. In einer Variante des Experiments durften die Studenten während diesen Prozedere selbstgewählte Schimpfwörter ausstoßen, die sie davor aufgelistet hatten. In einer zweiten Variante wurde wieder der Eiswassertest durchgeführt. Dieses Mal durften jedoch nur neutrale Wörter verwendet und wiederholt werden. Das Forscherteam maß in beiden Varianten jeweils den Puls und die Schmerzempfindung der Teilnehmer. 
Das Resultat war eindeutig: Wer fluchen durfte, hielt die Prozedur um einiges länger aus (ca. 2 Minuten). Die Kontrollgruppe schaffte es lediglich auf eine Minute und 15 Sekunden. Das subjektive Schmerzempfinden fiel in der Gruppe der Fluchenden gegenüber der Kontrollgruppe ebenfalls geringer aus, die Herzfrequenz stieg hier jedoch stärker an. Bemerkenswerterweise gab es jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede – bei den fluchenden Frauen nahm die Schmerzempfindung deutlich stärker ab als bei den männlichen Probanden. Auch ihr Puls stieg stärker an. 
Eine genaue Erklärung, warum genau jetzt Fluchen die Schmerztoleranz erhöht, ist bis jetzt noch nicht eindeutig geklärt. Die Wissenschaftler diesen Experiments vermuten aber, dass Fluchen einen natürlichen Mechanismus zur Verteidigung oder zur Flucht auslöst, den Körper also in einen Alarmzustand versetzt. In diesem Zustand wird das Stresshormon Cortisol durch die Nebennierenrinde ausgeschüttet und das senkt die Schmerzempfindlichkeit. Stephens verweist auch auf die Ähnlichkeit des Fluchens mit dem Schreien. So sind Kampfschreie in vielen Kulturen verbreitet. 
Interessanterweise hatten Stephens und Kollegen zunächst einen gegenteiligen Effekt in ihrem Experiment erwartet. Da Fluchen oft dazu genutzt wird um Schmerz übertrieben darzustellen und ihn größer zu machen als er eigentlich ist, sollten Schimpfwörter demzufolge die Schmerzempfindlichkeit eher steigern.

Fröhliches Fluchen!
Josephine



Studie: NeuroReport, 5. August 2009, Volume 20, Issue 12, pp. 1056-1060 (leider nicht frei zugänglich)

Aufmerksam geworden bin ich durch eine Leserfrage aus der Reihe "Stimmts?" der Zeit Online.



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