Seitenaufrufe letzten Monat

Mittwoch, 14. September 2011

Schmerzgedächtnis


Schmerzgedächtnis






Wie kommt es dazu, dass Schmerzen chronisch werden? Aus Erfahrungen und klinischen Untersuchungen ist seit langem bekannt, dass akute Schmerzen sich dann zu chronischen Schmerzen entwickeln, wenn sie nicht ausreichend gelindert werden.

Auch Nervenzellen können lernen.
Im Zentrum der Chronifizierung steht das Schmerzgedächtnis. Die sensible Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Großhirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität. Jetzt reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerzimpuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden. Aus dem akuten Schmerz ist ein chronischer Schmerz geworden. Das bedeutet: Der eigentliche Auslöser fehlt und es bleibt der Schmerz.

Die Nervenzelle verändert sich.
Inzwischen kennen Neurowissenschaftler im wesentlichen die molekularen und zellbiologischen Zusammenhänge. Die Veränderungen in den Nervenzellen sind nicht nur biochemisch nachweisbar sondern hinterlassen sogar ihre Spuren im Aufbau der Zellen. Eine Schlüsselposition nimmt dabei die Aktivierung von IE-Genen ein (IE = Immunitätseinheit, von denen es über 100 gibt.

Veränderungen bei der Übertragung von Schmerzreizen.

Eine Arbeitsgruppe um Zieglgänsberger hat herausgefunden, dass es eine Wechselbeziehung gibt zwischen der Menge der IE-Gen-kodierten Eiweißmoleküle, die von Nervenzellen des Gehirns produziert werden, und dem Ausmaß der synaptischen Erregung nach einem akuten Schmerzreiz. Eine Synapse hat die Aufgabe, Erregungspotentiale von einer Nervenzelle auf die andere oder auf ein Zielorgan zu übertragen. Die Übertragung erfolgt mit Hilfe von Botenstoffen. Je nach Menge der aktivierten IE-Gene wird diese Übertragung gefördert oder gebremst, weil ein entsprechender Einfluss auf den Botenstoff ausgeübt wird.


Vorausschauende Schmerztherapie ist notwendig.
Die therapeutische Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die präventive Schmerzbetäubung (Analgesie). Ein Schmerzgedächtnis darf erst gar nicht entstehen. Eine vorausschauende Schmerztherapie könnte die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses verhindern.

Die nachfolgenden Grafiken zeigen Entstehung und Mechanismus des Schmerzgedächtnisses:

Bild 1: Schmerzreiz
Schmerz im Ellenbogen. Schmerzrezeptoren nehmen Reize wahr und leiten sie über Nervenbahnen an das Rückenmark weiter.
Bild 2: Rückenmark
Rezeptoren mit offenem und geschlossenem Ionenkanal.In den Nervenzellen des Rückenmarks entscheidet sich, ob es zu einer Chronifizierung kommt.
Bild 3: Rezeptoren
Rezeptoren mit offenem und geschlossenem Ionenkanal.
Bild 4: Normale Nervenzelle
Über bestimmte Rezeptoren und Ionenkanäle an den Nervenzellen werden akute Schmerzreize an das Gehirn weitergeleitet. Der Schmerz ist hier ein Warnsignal.
Bild 5: Schmerzzelle
Lang anhaltende oder besonders starke Schmerzreize verändern die Nervenzelle. Es bilden sich vermehrt Ionenkanäle und Rezeptoren aus, die schon bei schwachen Reizen oder ohne jeglichen Reiz Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten. Man spricht hier vom Schmerzgedächtnis.
Bild 4: Schmerzabwehr
Opioide hemmen die Weiterleitung von Schmerzreizen und unterstützen so die körpereigene Schmerzabwehr. Die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses kann so verhindert werden.



LG Katharina K.