Fluchen während des Eiswassertests erhöht die Schmerztoleranz
Eine erstaunliche Erkenntnis gelang dem britischen Psychologen
Richard Stephens von der Keele University und seinen
Forscherkollegen: Kräftiges Fluchen dämpft den Schmerz.
In seinem Experiment absolvierten 67 seiner Studenten, darunter 38
Männer und 29 Frauen, den Eiswassertest. Sie mussten also ihre Hand
möglichst lange in eiskaltes Wasser halten. Der Schmerzpegel steigt
bei diesem Versuch langsam an und je länger die Teilnehmer ihre Hand
im Wasser behalten können, umso geringer ist ihre Empfindlichkeit. In einer Variante des Experiments durften die Studenten während
diesen Prozedere selbstgewählte Schimpfwörter ausstoßen, die sie
davor aufgelistet hatten. In einer zweiten Variante wurde wieder der
Eiswassertest durchgeführt. Dieses Mal durften jedoch nur neutrale
Wörter verwendet und wiederholt werden. Das Forscherteam maß in
beiden Varianten jeweils den Puls und die Schmerzempfindung der
Teilnehmer.
Das Resultat war eindeutig: Wer fluchen durfte, hielt die Prozedur
um einiges länger aus (ca. 2 Minuten). Die Kontrollgruppe schaffte
es lediglich auf eine Minute und 15 Sekunden. Das subjektive
Schmerzempfinden fiel in der Gruppe der Fluchenden gegenüber der
Kontrollgruppe ebenfalls geringer aus, die Herzfrequenz stieg hier
jedoch stärker an. Bemerkenswerterweise gab es jedoch
geschlechtsspezifische Unterschiede – bei den fluchenden Frauen
nahm die Schmerzempfindung deutlich stärker ab als bei den
männlichen Probanden. Auch ihr Puls stieg stärker an.
Eine genaue Erklärung, warum genau
jetzt Fluchen die Schmerztoleranz erhöht, ist bis jetzt noch nicht
eindeutig geklärt. Die Wissenschaftler diesen Experiments vermuten
aber, dass Fluchen einen natürlichen Mechanismus zur Verteidigung
oder zur Flucht auslöst, den Körper also in einen Alarmzustand
versetzt. In diesem Zustand wird das Stresshormon Cortisol durch die
Nebennierenrinde ausgeschüttet und das senkt die
Schmerzempfindlichkeit. Stephens verweist auch auf die Ähnlichkeit
des Fluchens mit dem Schreien. So sind Kampfschreie in vielen Kulturen verbreitet.
Interessanterweise hatten Stephens und Kollegen zunächst einen gegenteiligen Effekt in ihrem Experiment erwartet. Da Fluchen oft dazu genutzt wird um Schmerz übertrieben darzustellen und ihn größer zu machen als er eigentlich ist, sollten Schimpfwörter demzufolge die Schmerzempfindlichkeit eher steigern.
Fröhliches Fluchen!
Josephine
Studie: NeuroReport, 5. August 2009, Volume 20,
Issue 12, pp. 1056-1060 (leider nicht frei zugänglich)
Aufmerksam geworden bin ich durch eine Leserfrage aus der Reihe "Stimmts?" der Zeit Online.
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