Der Wirkung des sogenannten
„Chamäleon-Effekts“ begegnet man sehr oft im Alltag. Sei es bei
der Beobachtung eines Pärchens im Restaurant oder die Interaktion
zweier befreundeter Kommilitonen: unbewusst spiegelt der eine den
anderen in der Körpersprache und sogar in Worten wider. Fährt sich
der eine kurz über die Haare, streicht sich der andere wenig später
eine Strähne aus dem Gesicht. Schlägt eine der Personen ihre Beine
übereinander, folgt das Gegenüber oft unverzüglich. Jeder von euch, der das Seminar Ausdrucksdiagnostik belegt hatte, weiß, dass das „Matching“ oder
auch Kongruenz der Körperhaltung z.B. sehr deutlich die Ähnlichkeit
der Rollen und der Standpunkte in einer Gruppe anzeigt. Auch Hinweise
auf den sozialen Status können gezogen werden: Eine kongruente
Haltung wird eher von Mitgliedern einer Gruppe eingenommen, wenn die
Beziehungen auf Gleichheit und Gleichrangigkeit beruhen. Das
Nachahmen von Verhalten bildet damit sozusagen einen „sozialen
Klebstoff“.
In
einer Studie von Chartrand und Bargh (1999) wurden drei Experimente
zu dieser Thematik durchgeführt. Das für
unsere Thematik relevante Experiment war das dritte. Mit diesem
Experiment wollten die Autoren herausfinden, welche psychologischen
Dispositionen dafür verantwortlich sind, dass einige Personen mehr
als andere das Verhalten des Gegenüber widerspiegeln. Sie
fokussierten sich dabei auf die Variable „Perspektivenübernahme“,
eine wesentliche Komponente der Empathie.
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Teilnehmer der Studie mussten jeweils mit einem vermeintlich anderem
Teilnehmer abwechselnd Fotografien beschreiben. Der getarnte
Verbündetes des Experimentalleiters hatte dabei die Aufgabe, während
der gesamten Interaktion zwei unterschiedliche Verhaltensweisen
auszuführen: Reiben des Gesichtes und Schütteln des Fußes. Nach
Beendigung der Aufgabe füllten die Teilnehmer einen Fragebogen zur
Erfassung von Perspektivenübernahme (kognitive Komponente der
Empathie) und empathischer Betroffenheit (emotionale Komponente der
Empathie) aus.
Ergebnisse:
Teilnehmer,
die einen hohen Score in Perspektivenübernahme aufwiesen, ahmten das
Reiben des Gesichtes mehr als 30% und das Fußwackeln mehr als 50%
öfter nach als die Teilnehmer mit einem niedrigen Score. Die
Variable „Empathische Betroffenheit“ hingegen schien keinen
Einfluss auf die Rate des Wiederspiegelns der Verhaltensweisen zu
haben. Dies impliziert auch, das der Moderator für individuelle
Unterschiede bei dem Chamäleon-Effekt auf der kognitiven Ebene
anzusiedeln ist. Menschen, die ihrem Interaktionspartner mehr
Aufmerksamkeit und Gedanken entgegenbringen (durch den kognitiven
perzeptuellen Prozess der Perspektivenübernahme), zeigen mehr
Nachahmung der Verhaltensweisen.
Josephine
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